Beitrag vom 19.12.2022

Vom Bau bis heute - Geschäftsführer Dr. Gerold Kreuter blickt zurück.

Wolfgang Weber

Dr. Gerold Kreuter ist seit 2009 Geschäftsführer des Science Park Kassel und des FiDT Technologiezentrums. Bevor er seinen Ruhestand antritt, blickt er im Interview auf die vergangenen 13 Jahre zurück.

Vom Bau bis heute – Als Geschäftsführer haben Sie die Arbeit des Science Parks in den vergangenen Jahren gestaltet und geprägt. Wenn Sie sich zurückerinnern an die Anfänge – wie war die Anfangszeit für Sie? Welche Herausforderungen galt es zu bewältigen und wie haben sich diese in den Jahren entwickelt bzw. verändert?

Als ich 2009 vom damaligen Stadtkämmerer Dr. Jürgen Barthel und dem ehemaligen Präsidenten der Universität Kassel Prof. Dr. Rolf-Dieter Postlep gebeten wurde, gemeinsam mit Dr. Oliver Fromm, damals Leiter von UniKasselTransfer, die Geschäftsführung der neu zu gründenden Science Park Center Kassel GmbH zu übernehmen, musste ich erst einmal in mich gehen, da das auf eine eher abenteuerliche Konstellation für meine Person zulief. Ich war zu dieser Zeit als Teamleiter Umwelt und Energie in Vollzeit bei der IHK Kassel-Marburg mit Dienstsitz in Marburg beschäftigt und in dieser Position bereits seit 2004 zu 50% für die Geschäftsführung im FiDT Technologie- und Gründerzentrum Kassel freigestellt. Grob überschlagen kam ich da auf 150% Aufwand, aber die neue Aufgabe reizte erstens und zweitens ist über den FiDT-Geschäftsführer die Verknüpfung der beiden Zentren auch heute noch sicherzustellen.

Der Reiz der neuen Aufgabe wurde gesteigert, da unter Federführung der Wirtschaftsförderung Region Kassel eine Machbarkeitsstudie fertiggestellt wurde, die ein weiteres Zentrum mit deutlicherer Uni-Nähe wirtschaftlich darstellbar aufzeigte. Es sollte eine Adressierung von Zielgruppen ermöglichen, die mit dem FiDT - zum einen aufgrund der räumlichen Entfernung von den Uni-Standorten, zum anderen wegen der sehr hohen Auslastung des FiDT - nicht erreichbar waren.
Leider, stellte sich in der gemeinsamen Arbeit schnell heraus, dass der geplante Standort an der Heinrich-Plett-Straße gerade für die Vernetzung mit den Uni-Ausgründungen noch weniger geeignet war als das FiDT.

Mit der Planung des Campus Nord der Universität Kassel eröffnete sich die Chance, direkt auf dem Uni-Campus zu bauen. Diese Chance wurde zur Umplanung genutzt und das Science Park Center Kassel dort eingeplant. Hierin liegt auch der Grund für unsere Brezel-Form, die von den Stadtplanern so vorgegeben wurde. Mal eine neue und außergewöhnliche Form für ein Innovationszentrum, welches uns architektonisch in die Medien brachte und dem Science Park auch Preise bescherte.

Nach Überplanung der Machbarkeitsskizze mit Fachleuten aus befreundeten Technologiezentren wurde als Highlight ein sehr hochkarätiger Architektenwettbewerb durchgeführt, aus dem im Nachgang das Büro Birk, Heilmeyer und Frenzel aus Stuttgart als Sieger hervorging. Etwas Besseres konnte uns nicht passieren. Zusammenarbeit und Gestaltungsideen des Büros bildeten ein (fast) perfektes Match zu unseren Vorstellungen. Zum Glück war auch die Finanzierung gesichert, hatten wir doch neben 7 Millionen Euro von der Stadt Kassel und 500.000 € von der Universität als Eigenmittel gut 7,4 Millionen EFRE-Mittel vom Land Hessen zugewiesen bekommen. Damit konnten wir den Bau im Dezember 2012 mit einem ersten inoffiziellen Spatenstich rechtzeitig beginnen. Im April 2013 ging es dann richtig los. Mit einer finanziellen Punktlandung wurde der Bau im März 2015 fertiggestellt und bezogen.
Leider hatten die Planer mit dem Science Park Kassel – wie er mittlerweile offiziell hieß – insbesondere bei der technischen Ausstattung ihre Probleme, die jedoch bald behoben wurden. So konnte im Mai dann mit einem großen Fest offiziell eröffnet werden.
Positiv war, dass wir mit einigen Ankermietern, die großteils im FiDT begonnen hatten und nun umziehen und erweitern konnten, an den Start gingen. Die Nachfrage nach Räumen war hoch – auch durch den Status der Universität Kassel als EXIST Gründerhochschule 2013, deren Teil auch der Science Park war.

Wie hat sich die Arbeit des Science Parks gewandelt und was denken Sie, wie die Arbeit in der Zukunft aussehen wird?

Eine Herausforderung war und ist, dass wir mit der Aufnahme der Startups nicht frei sind. Durch die öffentliche Förderung war und ist es oft schwierig, einem/einer Interessent*in nahe zu bringen, dass er nicht aufgenommen werden darf, da das Unternehmen entweder zu alt ist, kein Unternehmen im gesetzlichen Sinn ist oder einfach keine Uni-Nähe als Ausgründung oder Forschungspartner besteht.
Daran hat und wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern. Was sich geändert hat, sind aber unsere Gründer*innen. Gegenüber der Anfangszeit steht häufig die Skalierbarkeit der Gründungsidee nicht mehr im Zentrum der Tätigkeit. Stattdessen nimmt nachhaltiges Arbeiten im Sinne eines Social Entrepreneurship mit Fokus auf die UN-Sustainable Development Goals stetig an Wichtigkeit zu.

Was sich deutlich gewandelt hat, ist der Beratungsteil unserer Arbeit. Zu Beginn hatten wir einen Finance Manager beschäftigt, der unseren Gründenden bei der Finanzierung ihrer Unternehmen helfen sollte. Dazu wollten wir einen regionalen Investorenclub aufbauen, der aber letztlich aufgrund mangelnder Nachfrage der Science Park-Startups nicht zustande kam. Die Nachfrage nach Finanzierung wurde nach dem Weggang unseres Finance Managers intern beantwortet, wo meine persönlichen Erfahrungen und Netzwerke durch viele ehrenamtliche Tätigkeiten u. A. als Coach und Bewerter bei Gründungswettbewerben oder meine langjährige Tätigkeit zuletzt als Vizepräsident des BVIZ Bundesverbands Deutscher Innovations-, Technologie- und Gründerzentren e. V. eine nicht unerhebliche Rolle spielten.

Wir sind auch nicht nur in die universitäre Gründungsförderung über Hessen Ideen eingebunden, sondern haben uns auch in der Region einen Namen gemacht, um an der Schnittstelle zwischen Universität und Wirtschaft Unternehmen und Institutionen zu beraten und auch neue Projekte vorzubereiten. Auch hier spielt unsere Mitwirkung in vielen Netzwerken eine große Rolle.

Was waren Ihre Highlights in der Zeit als Geschäftsführer des Science Parks?

Erstes und eines der wichtigsten Highlights war die Fertigstellung des Baus einen Monat vor Kalkulation und das auch noch im vorgegebenen Kostenrahmen. Und dann kam noch eine bis heute hohe Auslastung des Gebäudes und weiterhin recht hohe Nachfrage nach Räumen und Betreuung.
Wir haben mehrere Teams aus dem Science Park in der Höhle der Löwen ansehen dürfen. Tolle Leistung, überhaupt dahin zu kommen und das neue Netzwerk kennenzulernen. Natürlich sind Teams aus dem Science Park immer wieder Kandidat*innen und Preisträger*innen bei promotion Nordhessen und dem Hessichen Gründerpreis. Sechs Teams aus meinem Betreuungsbereich haben Stagen bei den German Accelerators in USA und in Asien absolviert und haben damit oft auch den Markteintritt in internationale Märkte geschafft.

Mit Gründung des NHA NorthHessenAccelerate e. V. und der erfolgreichen Arbeit des Science Park Kassel ist es uns gelungen, die Sichtbarkeit Kassels und der Region Nordhessen als Startup-HotSpot in Hessen zu erhöhen, was wir ebenso auf Bundes- und internationaler Ebene mit dem Science Park als Vorbild eines Innovations- und Gründungzentrums an der Schnittstelle zwischen Universität und Wirtschaft geschafft haben.