Beitrag vom 06.12.2023

Startup-Unterstützung auf Bundesebene

Christmann_Anna_IMG_8168b.jpg
Copyright: @BMWK, Steffen Goldacker. Das Foto darf nicht für kommerzielle Zwecke verwendet oder für Werbezwecke weitergegeben werden.

Anna Christmann spricht im Interview darüber, vor welchen Herausforderungen Startups in Deutschland stehen und welche Maßnahmen und Lösungen auf Bundesebene entwickelt werden.

 

Sie sind als Mitglied der Bundesregierung auch Beauftragte für Digitale Wirtschaft & Startups. Was motiviert Sie, Startups zu unterstützen?

Es begeistert mich, wie dynamisch, agil und kreativ Startups arbeiten. Sie bringen Innovationen hervor, von denen andere Unternehmen und auch viele Menschen in ihrem Alltag profitieren. 

Viele Startups arbeiten an klugen Lösungen für die gigantischen Herausforderungen, vor denen wir stehen: allen voran die Erderwärmung und die digitale Transformation. Darin möchte ich sie unterstützen, indem ich dazu beitrage, ein gutes Umfeld für sie in Deutschland und Europa zu schaffen

Ich treibe daher auch mit Nachdruck die Umsetzung der Startup-Strategie der Bundesregierung voran. Die im letzten Jahr beschlossene Strategie ist der Fahrplan der Regierung, wie sie das Startup-Ökosystem stärken möchte. Bei der Umsetzung geht es sehr gut voran: In nur einem Jahr hat die Regierung schon 45 Prozent der Maßnahmen der Strategie umgesetzt. Darunter sind beispielsweise zahlreiche neue Finanzierungsinstrumente für Startups wie der DeepTech & Climate Fonds. Die Finanzierungsmöglichkeiten für Startups zu verbessern ist essentiell, damit sie mit ihrem Innovationspotenzial in Deutschland bleiben und nicht ins Ausland abwandern.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat kürzlich unter www.startupstrategie.bmwk.de den ersten Bericht zur Umsetzung der Strategie veröffentlicht. Dort können Sie sich ausführlich über alle weiteren konkreten Fortschritte informieren. 

 

In der Startup Strategie ist die Gewinnung von Fachkräften als besondere Herausforderung genannt. Als wichtige Aufgabe ist die Vereinfachung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung genannt. Wie ist der Stand der Umsetzung und was sind die nächsten Schritte?

Das stimmt, die Talentgewinnung ist weiterhin eine der zentralen Herausforderungen für Startups und auch für andere Unternehmen. Die Bundesregierung arbeitet daher an verschiedenen Stellschrauben, um Deutschland im internationalen Wettbewerb um Talente besser aufzustellen. 

Beispielsweise hat sie kürzlich das Fachkräfteeinwanderungsrecht weiterentwickelt, damit es für Unternehmen künftig einfacher ist, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Ausland einzustellen. Von den neuen - bereits vom Deutschen Bundestag beschlossenen - Regelungen profitieren auch viele Startups. Es kommt jetzt darauf an, diese effektiv umzusetzen und die Visa- und Verwaltungsverfahren zu erleichtern und zu beschleunigen.

Neu geschaffen wurde auch eine spezielle Aufenthaltserlaubnis für Inhaberinnen und Inhaber von Gründerstipendien: Zur Gründung eines Unternehmens können Fachkräfte künftig eine Aufenthaltserlaubnis für bis zu 18 Monate erhalten, wenn ihnen ein öffentliches Gründungsstipendium, wie z.B. EXIST, oder ein Stipendium einer deutschen Wirtschaftsorganisation gewährt wird, das den Lebensunterhalt sichert. Das ist für akademische Gründungsteams, in denen zunehmend Gründerinnen und Gründer mit ausländischen Wurzeln engagiert sind, sicher eine gute Nachricht.  

Ganz wichtig für die Talentgewinnung ist auch, Startups besser zu ermöglichen, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Bestandteil der Vergütung Anteile an den Startups zu geben. Solche Mitarbeiterkapitalbeteiligungen gibt es in Deutschland bislang insbesondere aus steuerlichen Gründen kaum, während sie in anderen Ländern sehr verbreitet sind. 

Das will die Bundesregierung ändern und hat im August den Entwurf für das Zukunftsfinanzierungsgesetz beschlossen. Das Gesetz soll neben vielen weiteren Verbesserungen die Mitarbeiterkapitalbeteiligungen attraktiver und praxistauglicher machen. Ganz wichtig ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig keine Steuern mehr auf ihre Beteiligungen zahlen sollen, solange sie daraus keine Einnahmen erzielen. Ich habe mich dabei dafür eingesetzt, dass dies auch für größere Startups gelten soll. Jetzt liegt der Ball beim Parlament, das über den Gesetzentwurf beraten muss. Ziel der Bundesregierung ist, dass das Gesetz Anfang 2024 in Kraft tritt.

 

Die Bundesregierung unterstützt hochinnovative, technologieorientierte Startups in Wachstumsphasen. Sind auch Finanzierungsinstrumente für Startups geplant, die bislang keinen Zugang zu Wagniskapitalfinanzierungen hatten?

Zentrales Instrument für die Startup-Finanzierung ist der Zukunftsfonds, für den die Bundesregierung 10 Milliarden Euro bis Ende 2030 zur Verfügung stellt. Der Zukunftsfonds besteht aus verschiedenen Modulen, die kontinuierlich weiterentwickelt werden, um die unterschiedlichen Bedarfe verschiedener Startups zu decken. Aktuell stärken wir im Zukunftsfonds insbesondere die Instrumente für Wachstumsunternehmen, also für Startups, die schon etwas länger am Markt sind und jetzt wachsen wollen. Denn hier hat Deutschland besonderen Nachholbedarf. 

Gleichzeitig wollen wir mit dem Zukunftsfonds auch dazu beitragen, das Startup-Ökosystem diverser zu machen. Daher haben wir Mitte August zusammen mit den Bundesländern und ihren Landesförderinstrumenten das neue Modul RegioInnoGrowth an den Start gebracht. Es richtet sich gerade an solche innovative Startups und kleinere Mittelständler, die bisher nicht im Fokus von Venture Capital Fonds stehen.

Noch in diesem Jahr werden wir außerdem ein neues Modul an den Markt bringen, die sogenannte Emerging Manager Facility. Dieses Instrument soll für neue und divers aufgestellte Wagniskapitalfonds-Managementteams zur Verfügung stehen. Es richtet sich an ausgewählte „first time“ Fonds, die bis zu 50 Millionen Euro verwalten. Insbesondere Frauen und weitere Gruppen wie zum Beispiel Gründerinnen und Gründer mit Migrationsgeschichte, die im Wagniskapitalmarkt bisher unterrepräsentiert sind, sollen damit besseren Zugang zu Wagniskapital erhalten.

 

Gründerinnen sind im Startup-Bereich bisher deutlich unterrepräsentiert. Wieso sollten Frauen eine Unternehmensgründung viel mehr als bisher als berufliche Perspektive nutzen? 

Laut dem Deutschen Startup Monitor 2022 betrug der Anteil der Startup-Gründerinnen 2022 20,3 Prozent. Zwar ist dieser Anteil in den letzten Jahren gestiegen; wir müssen aber noch deutlich besser werden. Wir wissen, dass gemischte Teams innovativer sind und können auf das Potential von Frauen und ihren Perspektiven nicht verzichten.

Daher setze ich mich dafür ein, dass künftig mehr Frauen Startups gründen. Ganz konkret haben wir beispielsweise im Juni 2023 das neue Förderprogramm EXIST Women gestartet. Damit unterstützen wir gründungsinteressierte Hochschulabsolventinnen und Studentinnen unter anderem mit Mentoring und Coaching dabei, ihre Unternehmerinnenpersönlichkeit und ihre Gründungsidee weiterzuentwickeln. Ziel von EXIST Women ist, dass mehr Frauen erfolgreiche Ausgründungen aus der Wissenschaft hervorbringen. 

Auch andere Bereiche des EXIST Programms haben wir neu aufgelegt und dabei so ausgestaltet, dass sie zu mehr Diversität bei Ausgründungen beitragen sollen. Beispielsweise haben wir Anreize dafür geschaffen, dass sich divers zusammengesetzte Teams auf die Förderung bewerben. Wenn ein Teammitglied während der Förderung ein Kind bekommt, verlängert sich die Förderung um drei Monate.