Beitrag vom 31.03.2023

Nachhaltig übernachten, leben und arbeiten

Jaana Kistner

"Ein Zuhause auf Zeit" mit Stay Awesome!

von Jaana Kistner

Stellen Sie sich vor, Sie buchen online ein Hotel-Apartment. Sie kommen über ein digitales Schließsystem in die Wohnung, finden ein kleines Dankeschön, eine vegane Schokolade und ein Päckchen Saatgut-Konfetti als Gruß aus Kassel, mit einem handgeschriebenen Kärtchen, das sagt „Schön, dass du da bist.“ Sie gehen ans Waschbecken und finden einen Luffa-Schwamm, das Spülmittel kommt aus einer Brausetablette und wird vor Ort angemischt. Ebenso wie die Duschprodukte, ein Pulver von Better by Less, das mit Wasser gemischt wird und einen Schaumspender hat. Eine Gäste-App zeigt Ihnen, wie nachhaltig die Nutzung dieser Produkte ist, die Sie während Ihres Aufenthalts alle ausprobieren können. Die Möblierung des Apartments ist aus Vollholz. Der Raum ist nach einem smarten Konzept eingerichtet, sodass auf kleiner Fläche viel Lebensqualität geboten wird. Sie haben einen Arbeitsplatz mit Bildschirm oder können auf der Gemeinschaftsfläche an einem der Co-Working-Arbeitsplätze arbeiten.

Das ist die Vision, die die Gründer*innen von Stay Awesome in ihren „Serviced Apartments“ in Kassel umsetzen wollen. Das Gründungsteam distanziert sich so mit seinem alternativen Übernachtungskonzept von einem klassischen Hotelbetrieb und bietet aktuell 14 Apartments zur Buchung an.

Angefangen hat alles mit der Idee, Wohnungen herzurichten und als Ferienwohnungen weiterzuvermieten. Dem Team wurde jedoch schnell klar, dass sie anders denken müssen: „Man kann nicht einfach Wohnraum wegnehmen, das ist eine gewisse Problematik und dann haben wir auch den ganzen Müll gesehen, den die Gäste ungetrennt hinterlassen haben,“ beschreibt Mitgründer Mario von Gemünden die ersten Erfahrungen der Unternehmer. Die Gründer wollten einerseits nachhaltiger agieren und ihre Produktpalette andererseits vergrößern, ohne Wohnraum wegzunehmen. Während der Corona-Pandemie nahm die Idee immer mehr Gestalt an, auf freie Gewerbeflächen umzusteigen. „Man sieht gerade einen riesigen Trend von Mobile Work und New Work. Viele Unternehmen sagen, New Work und hybrides Arbeiten ist Teil unserer DNA. Wir brauchen die großen Büroflächen nicht mehr und verkleinern uns. Weitere Trends wie Onlineshopping verursachen ebenfalls einen Gewerbeleerstand, sogar oft in A-Lagen“, sieht Mario von Gemünden die Gelegenheit.

Das Angebot von leerstehenden Gebäuden und die Nachfrage nach nachhaltigen, flexiblen Übernachtungsmöglichkeiten sollen zusammengebracht und dadurch neuer Wohnraum geschaffen werden. Nachhaltigkeit heißt für das Team von Stay Awesome auch, Flächen so gut es geht zu nutzen. „Durch hybrides Arbeiten wird das Leben viel flexibler. Es wird Gäste geben, die vielleicht einen Monat von einer anderen Stadt aus arbeiten wollen“, so von Gemünden. Durch das Konzept haben sie eine große Bandbreite an Gästen. Das zeigt sich auch in den Buchungszahlen: Klassische Urlauber*innen, Geschäftsreisende, Personen, die für Umzüge oder Wasserschäden Überbrückung brauchen sowie viele Familien. Rund 65% der Gäste gehören zur Generation Z und Y, die wachstumsstärksten Generationen im Reisemarkt.

 

Nachhaltigkeit in jedem Prozess

Bis 2025 wollen die Gründer*innen in allen Prozessen eine Netto-Null-Emission erreichen. Die Vision ist es, der weltweit größte Anbieter von nachhaltigen Unterkünften zu werden, um einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Dafür betreibt Stay Awesome konsequentes und datenbasiertes Carbon Accounting: Wie viel CO2-Verbräuche stecken in den einzelnen Gegenständen, in den Gebäuden, in den verbauten Materialien? „Es ist wie eine zweite Buchhaltung, die man aufbauen muss,“ erklärt von Gemünden den Prozess. „Wir analysieren, wo man was einsparen kann und versuchen kontinuierlich besser zu werden.“

Ein hoher Prozentteil der CO2-Einsparungen kommt durch das Gebäude, was bezogen wird und den Betrieb des Gebäudes. Davon bekommen die Gäste nicht direkt etwas mit, daher gibt es auch das Konzept der „Nachhaltigkeit zum Anfassen“. Über eine Gäste-App bekommen sie Informationen über die in dem Apartment verwendeten Produkte und ihre jeweiligen CO2-Einsparungen und können sich auch etwas mit nach Hause nehmen. „Wir wollen den Gästen dadurch zeigen, dass Nachhaltigkeit nicht gleich Verzicht bedeutet,“ fasst Mario von Gemünden zusammen. Die Stay Awesome-Apartments sind zu einer Plattform für regionale Unternehmen geworden, die nachhaltige Produkte entwickeln und herstellen. Rabattcodes der Produkte sollen in der Gäste-App implementiert werden, sodass die Gäste sich die Produkte auch für ihr eigenes Zuhause bestellen können.

 

Mit Hilfe des CoCreationLabs zum eigenen Startup

Die Stay Awesome GmbH hat Mario von Gemünden mit zwei Mitgründer*innen gegründet. Anna-Lena Fahle ist zuständig für das Designkonzept der Apartments und den dazugehörigen Einkauf sowie die Logistik. Robin Bremer besetzt die Funktion des Financial Officers und setzt die digitalen Systeme auf. Jeder Prozess ist bis zu 90% digitalisiert. Mario von Gemünden übernimmt die Geschäftsführung, das Marketing, akquiriert neue Projekte und führt aktuell Investorengespräche.

Keiner der drei Gründenden hat einen Hintergrund aus dem Tourismus- oder Hospitality-Sektor. Von Gemünden und Bremer haben Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Kassel studiert. Fahles studiert Kunst und Philosophie. „Wir sind alle nach dem Abitur gereist, haben Erfahrungen mit AirBnB-Wohnungen in Australien und Asien gemacht und waren total fasziniert. Die Idee, eine Unterkunft zu haben, die du flexibel buchen, flexibel nutzen kannst, das war ein Stück Freiheit, was man da gewonnen hat,“ beschreibt von Gemünden den Ursprung der Gründungspläne.

Während eines gemeinsamen Seminars zum Thema Unternehmensgründung nahmen die Gedanken Gestalt an, das Vorhaben gemeinsam größer zu denken. Durch den Kontakt zu Innovationscoach Stefan Rötzel, zog das Team 2021 für sechs Monate in das CoCreationLab des Science Parks. Hierbei handelt es sich um ein Unterstützungsangebot, das speziell auf die Frühphase einer Gründung ausgerichtet ist. Mit der aktiven Begleitung durch die hauseigenen Coaches und den Austausch mit anderen Gründungsteams vor Ort, können Ideen ausgearbeitet und Potentiale entfaltet werden. Auch das Konzept von Stay Awesome wurde hier ausgearbeitet und das Unternehmen für Serviced Apartments gegründet. Schnell vergrößerten sich das Team, die Gründer*innen kündigten ihre bisherigen Jobs und aus einem kleinen Nebenverdienst wurde ein Startup. Mittlerweile haben sie ihr eigenes Atelier im Science Park mit viel Platz und Lagerraum für Werkzeuge, Auffüllprodukte und Möbellieferungen bezogen.

Woran dort gerade gearbeitet wird? Um zu wachsen, ist Mario von Gemünden aktuell bemüht, Investorengelder zu akquirieren. Außerdem entwickelt das Team mit Partnern in der Universität Kassel eine Plattform, die Gästen personalisiert zeigen soll, welchen ökologischen Fußabdruck die Nutzung des Apartments im Vergleich zu den herkömmlichen Hotels hat.

 

www.stayawesome.de